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19.01.20087:
Queens Park Rangers - Barnsley 2:0
London
calling
oder
Eng, enger,
Loftus Road
"Wie oft warst du schon in London?", fragte Marc
auf dem Hinflug. Überlegen, Schulterzucken. "Kein Ahnung. 10 Mal?" Trotzdem war
am 19.1. die Nacht für mich bereits um halb vier zu Ende. Obwohl mir der Wecker
noch mehr als eine Stunde mehr Schlaf gegönnt hätte, sorgten Aufregung und
Vorfreude auf unsere Winterpausentour dafür, dass ich lange vor dem Klingeln
wach lag. Ryanairs
1-ct-Flug-Angebot (netto) kostete uns letztendlich nicht einmal 40 € brutto für
Berlin-London und zurück. Leider hatte es nicht mit Tickets für Tottenham -
Sunderland geklappt, also schwankten wir zwischen QPR (gegen Barnsley) und
Millwall (gegen Tranmere). Die Entscheidung fiel zu Gunsten des Zweitligaspiels. "Queens Park Rangers" - das klang in den siebziger
Jahren in den Ohren des "Sportecho" und "FuWo" lesenden kleinen FCC-Fans wie
exotische Musik und da im englischen Teil meines Fußballherzens neben Liverpool immer
ein bisschen Sympathie für QPR reserviert, wollte ich die "Super Hoops" schon immer einmal
live erleben. Und es wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts, mitten im Zeitalter
von Pay-TV und Sponsor-XYZ-Arenen eine Fahrt zurück in die 70er. |
Berlin-Schönefeld |
Wenig einladend: Osborn Street gegenüber
vom "City Hotel" |
Unsere
letzte London-Tour im Juni 2007 begannen wir in Berlin bei deutlich besserem Wetter, aber
die 15°C bei der Landung in Stansted (und typischen englischen Nieselregen)
waren für Mitte Januar auch nicht übel. Die Taschen stellten wir im "City Hotel"
in Whitechapel ab und
fuhren mit der kürzlich ihren 145. Geburtstag feiernden
Tube bis Shepherd's Bush
(Central Line).
Die Stationen White City (Central Line) oder Shepherd's
Bush (Hammersmith & City Line) wären für die Loftus Road günstiger gewesen, aber
wir wollten vorher noch einen Blick ins JJB im gegenüberliegenden Shopping
Center werfen. Der Weg bis zum Stadion brachte einen Einblick in eine alte
Londoner Straßenszene, die mit ihren Geschäften einen Überblick übers
ehemalige britische Kolonialreich gab. |
Shepherd's Bush |
Loftus Road |
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Das Stadion liegt inmitten eines aus Reihenhäusern
(was sonst) bestehenden Wohngebietes und hat NICHTS mit modernen, "Arena"
genannten Stadien gemeinsam. Vieles erinnerte an die "good old times": Die Tickets gab es an einem rustikalen
Kassenhäuschen und dann musste man sich durch ein Drehkreuz quetschen, das
selbst meine semi-sportliche Figur nur mit Luftanhalten passieren ließ. Auf den
wenigen Schritten zwischen Tribünenaufgängen und stacheldrahtgesichertem Zaun,
hinter dem sofort die Höfe/Gärten der umliegenden Häuser begannen, drängten sich
Zuschauer, Programmverkäufer und Bierstände. Die Zuschauerränge reichten bis
unmittelbar ans Spielfeld heran, die Stützpfeiler und die Auswechselbänke
waren zum Schutz gegen "tieffliegende" Spieler sogar dick gepolstert. Das
Stadion sprach mit seinen zweistöckigen Tribünen, den Stützpfeilern und den
altertümlichen Flutlichtmasten die nostalgischen Gefühle an und versetzte
den Besucher einige Jahrzehnte in die Vergangenheit.
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Als wir auf unseren Plätzen waren, bestätigten
sich zwei Voraussagen:
1. Die Lofthus Road ist das Stadion mit dem
geringsten Abstand zwischen den Sitzreihen, und das will bei den auf der Insel
nirgendwo üppigen Sitzplatzverhältnissen schon etwas heißen! Selbst Marc mit
seinen 1,60 m Körpergröße drückte seine Knie in den Rücken des Vordermanns. Die
Gegner der Käfighaltung sollten Mahnwachen rings ums Stadion organisieren.
2. "Sorry, only restricted view." Das war die Antwort der Kartenverkäuferin beim
Ticketkauf. Waren bei den bisherigen Heimspielen der Saison im Schnitt 12-13.000
Zuschauer im Stadion (Kapazität: ca. 19.000), sorgten diesmal beim wichtigen Spiel
gegen den Abstieg mehr als 16.000 Besucher für drei fast ausverkaufte
Heimtribünen. Lediglich im School End waren größere Lücken frei. Wir sahen von
der drittletzten Reihe aus wenigstens das komplette Spielfeld, lediglich der
Großteil der Haupttribüne (South Africa Stand) blieb hinter der unterm Dach
hängenden TV(?)-Galerie verborgen. |
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Das erste Problem lösten wir halbwegs erträglich,
indem Marc eine Reihe höher auf einen einzelnen freien Platz wechselte und ich
mir mit dem Nachbarn Marcs freien Platz teilte. Trotzdem waren es diesbezüglich
unerträgliche 90 Minuten und ich nutzte - wie alle anderen Besucher - jede
Gelegenheit / halbwegs aufregende Spielszene zum Aufstehen. |
Das Spiel selbst war wenig aufregend. QPR machte
zu Beginn Druck und weil der Gästetorwart zusammen mit einem Verteidiger bei
einem hohen Ball die Orientierung verlor, stand es schon nach fünf Minuten 1:0.
Das 1:0
Nostalgische Anzeigetafel
Danach verzichteten die Hausherren auf weitere Angriffsbemühungen und bauten
zwei Viererabwehrreihen vorm eigenen Strafraum auf. Die beiden verbleibenden
Offensivkräfte bestätigten sich recht unterschiedlich: Während Buzsaky sich
wenigstens aktiv bemühte, hatte Neuzugang (von Preston) und Torschütze
Agyemang offensichtlich sein Tagessoll erfüllt und bewegte sich nur noch
alibimäßig auf dem Rasen. Barnsley hätte sein blindes Kick & rush aber
vermutlich stundenlang spielen können - die Wahrscheinlichkeit von Schneefall
bei deutlich über 15 Grad war deutlich höher als die einer Gästetorchance.
Unmittelbar vor der Pause entschied sich QPRs kreativer Kopf Martin Rowlands,
einer meiner Lieblinge bei "FIFA 08", für eine zusätzliche Trainigseinheit
Slalomstangenlauf ab der Mittelinie, umkurvte ein geschätztes Dutzend
Gegenspieler und einen Doppelpass und eine flache Eingabe später stand es 2:0.
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Pausenspielchen mit Werbung |
Nach der Pause schien Queens Park torhungrig zu sein und spielte 10 min straff
offensiv. Die Gäste ballerten in dieser Phase den Ball lediglich in irgendeine
Richtung aus dem Strafraum heraus. Die bis dahin durchschnittliche Stimmung
besserte sich - bis QPR auf den alten Stil der ersten Halbzeit verfiel und nur
noch sporadisch angriff. Es gab zwar noch etliche Chancen zur Resultatserhöhung
(bei nur einer Barnsleychance), aber beim Abpfiff stand es immer noch 2:0 und
die Gastgeber hatten 3 wichtige Punkte im Kampf gegen den Abstieg eingefahren.
Hervorzuheben ist, dass der Schiedsrichter in einem Spiel mit deutlich mehr
Zweikampfhärte und höherem Einsatz als in einem Spiel der 2. Bundesliga völlig
ohne Verwarnungen oder Ermahnungen auskam. Hart, aber fair und absolut keine
Schauspieleinlagen - selbst nach einem Zusammenprall des Gästekeepers mit einem
Stürmer standen beide auf und spielten ohne zu Zucken weiter. Kein Vergleich mit
den deutschen Fußballtheaterspieltagen!
Blick zum Gästeblock im School End
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Mit viel Körpereinsatz, aber sehr fair
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Gepolsterte Stützpfeiler
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Nach dem Spiel drehten wir unsere
Standardeinkaufsrunde durch London ("Soccer Scene" und "Lillywhites") und
checkten später dann im Hotel ein.
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Pub in Soho
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Picadilly Circus
"City Hotel" London, Osborn Street
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Das Doppelzimmer im
"City Hotel" (2
Minuten Fußweg von der U-Bahn-Station Aldgate East) kostet normalerweise 160
Pfund, fürs Wochenende hatten wir jedoch einen Onlinepreis von 50 Pfund
bekommen. Das Zimmer war deutlich größer und komfortabler als in unseren
bisherigen Londoner Herbergen. Den Tag beendeten wir mit einem abendlichen
Besuch am Tower.
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Dank der hoteleigenen Disko bestand selbst im 4. Stockwerk
wenig Gefahr, den auf 4 Uhr gestellten Wecker zu überhören. Schnell einen Kaffee
aus der Zimmerbar zum Munterwerden und dann liefen wir die 10 Minuten bis
Liverpool Street Station. In Whitechapel bestätigte sich einst Jack the Ripper.
Etliche der Gassen haben sich seitdem nicht verändert.
Der Bus fuhr dank des nicht vorhandenen Verkehrs
Rekordzeit bis Stansted und auch der Flugkapitän hatte es anscheinend eilig, denn
wir starteten einige Minuten vorzeitig und gewannen sehr rasant an Höhe.
Schönefeld erreichten wir sogar eine halbe Stunde früher als im Flugplan
ausgeschrieben. Obwohl etwas müde, legten wir uns noch im Flugzeug fest: "Das
machen wir mal wieder!"
Alle Fotos: Uwe und Marc
Kaiser (C) 2008
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