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27.03.2009, WM-Qualifikation: Mexiko – Costa Rica 2:0 Zu Mexikos zweitem Spiel in der WM-Qualifikation hatten wir Karten bekommen. Das Azteken-Stadion gehört zweifellos zu DEN großen Fußballtempeln dieser Welt. Groß nicht nur ob seiner Zuschauerkapazität von 105.00 (nur die Stadien in Pjönjang/KDVR und Kalkutta/Indien fassen mehr Zuschauer), sondern auch, weil hier schon 2 Weltmeisterschaften (1970 und 1986) mit mehreren unvergesslichen Momenten inklusive der beiden Finalspiele stattfanden: Pelé wurde mit Brasilien das dritte Mal Weltmeister, während Rudi Glöckner aus Markranstädt dieses Finale als Referee leitete. Koksnase Maradona bemühte den lieben Gott als Ausrede für sein unsägliches Handtor, dass der blinde Schiedsrichter als einziger Mensch auf der Welt als regulär ansah. Glöckner hätte dem was gepfiffen... Das Aztekenstadion liegt im Süden der Stadt im Stadtteil Coyoacán. Wenn man mal vom üblichen Stau absieht, ist es über den Periferico (Richtung Xochimilco), Abfahrt Retorno Estadio Azteka zu erreichen. Dieser Standort wurde für das Stadion im Vorfeld der WM 1970 ausgewählt, weil es die Gegend in D. F. ist, in der es am wenigsten regnet.
. Da das Estadio Azteka weit im Süden von D. F. liegt, starteten wir bereits um 13 Uhr. Von der Entfernung her eigentlich eine halbe Stunde Fahrt, aber zwei Stunden waren eingeplant. Zurecht, wie die ersten Meter auf dem verstopften Periferico zeigten. Zwischenzeit erreichten wir sogar mal 50 km/h, jedoch die letzten Kilometer waren das erwartete Stop and Go. Dank der Zeitreserve konnten wir doch locker bleiben und waren "schon" nach 1:45 h am Ziel bei der Schwester einer Bekannten, die 600 m Luftlinie vom Stadion entfernt wohnt. So stand unser Auto sicher, ein in Mexiko nicht zu unterschätzender Wohlfühlfaktor.
Obwohl es ausverkauft war, hielt sich das Gedränge vorm Stadion in Grenzen. Unzählige Souvenirstände warben mit für europäische Verhältnisse Spottpreisen um Kundschaft. Die Polizei hielt sich sehr dezent im Hintergrund und war überhaupt höflich und nett; es gibt für die Uniformierten garantiert schlimmere Jobs als die Regulierung von Fußballfans. Am Einlass benötigten wir eine Minute, die Kontrollen beschränkten sich auf ein kurzes Abtaste des Rückens. In jedem deutschen Drittligastadion geht es schlimmer zu.
Sollte der Geist von den Weltmeisterschaften 1970 und 1986 noch unterm Dach des Azteka wohnen, so ist er schon taub. Lange vorm Spiel verursachten gefühlte hunderttausende Tröten einen Geräuschpegel, in dem eine startende Boeing unbeachtet geblieben wäre. Die Hölle für die Trommelfelle hat einen Namen: Aztekenstadion. Aber es gab immer noch Steigerungsmöglichkeiten: Schon beim Einlaufen des Gästetorwarts zum Warmmachen gab es einen 50%igen Zuschlag inklusive Pfeifkonzert. Was beim Auftauchen des eigenen Teams abging, lässt sich mit einer Tastatur nicht beschreiben. Insgesamt konnten wir uns nur mit einer Mischung aus Lippenlesen und Handzeichen verständigen.
Wahnsinn war auch die mexikanische Nationalhymne: Ein Chor aus Hunderttausend Stimmen legte eine perfekte Vorführung hin, ganz ohne irgendwelche elektronische Unterstützung oder gar peinlichem Textanzeigen auf der Anzeigetafel á la Deutschland oder Österreich. Gänsehaut!!! Vergleichbares habe ich bisher nur in Wembley und Moskau erlebt.
Für Gastgeber Mexiko war ein Sieg Pflicht, denn
das erste Qualispiel wurde in den USA 0:2 verloren und Gegner Costa Rica
hatte sein erstes Spiel gewonnen. Eine weitere Niederlage und man läge schon 6
Punkte zurück.
Das Stadion ist gigantisch und beeindruckend, selbst wenn man schon paar Stadien in Europa gesehen hat. Eine Riesenschüssel!
Bei den Punktspielen des ansässigen CF America sind aber oft nur ein paar zehntausend Zuschauer da und Stimmung kommt nicht richtig auf. Richtig voll bzw. ausverkauft wird es nur in den Duellen gegen Chivas oder Pumas. Und die sind - neben den Besuchen bei Pumas und Cruz Azul unsere nächsten Vorhaben. Alle Fotos: Uwe Kaiser (C) 2009 |
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